Wer bei seinem Formentera-Besuch nicht nur mit der Badehose unterwegs sein möchte, der sollte am 25. Juli einen Abstecher auf die Nachbarinsel machen. Die Bewohner der Hauptstadt und 800-Seelen Gemeinde San Francisco Javier und mit ihnen alle anderen Inselbewohner feiern eines der wichtigsten Feste des Jahres: Das Fest des heiligen Jaume, Jaime oder Jakob.
Warum gerade dieser Tag für Formenteras Bevölkerung grössere Wichtigkeit hat als das Patronatsfest der Gemeinde San Francicso Javier am 3. Dezember, ist nicht genau geklärt. Selbst Insel-Historiker sind überfragt.
So kann man nur auf Indizien bauen, die bis ins 18. Jahrhundert zurückführen. Aufgrund von Epidemien und häufiger Piratenüberfälle,
musste Formentera Mitte des 14. Jahrhunderts geräumt werden. Die Bevölkerung flüchtete auf die Schwesterinsel Ibiza und schnell fiel Formentera in die Hände der räubernden Piraten und
Gesetzlosen, die im Seegebiet der Pitiusen unterwegs waren. Für sie war die kleine, flache und damals noch auf grossen Flächen mit Pinien bewachsene Insel, ein hervorragender Schlupfwinkel. An
den langen Sandstränden konnten sie mit ihren Booten problemlos anlegen um in den Wäldern ihre Beute zu verstecken.
Hier konnten sie in aller Ruhe Pläne schmieden, um von der Insel aus zu ihren blutrünstigen Raubzügen nach Ibiza aufzubrechen. Ein idealer Standort. Über 300 Jahre mussten Formenteras ehemalige Bewohner und deren Nachfahren hilflos mitansehen, wie ihr Ackerland und ihre Obstbäume verwilderten und Piraten die Insel in fester Hand hielten.
Erst um 1600 hatten die Bewohner der Pitiusen (der Pinienreichen Inseln) genug von den Überfällen. Sie riefen zur Gegen-Offensive auf und erhielten vom König Korsaren-Patente, um dem Spuk in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ein Ende zu bereiten.
Die Freibeuter entwickelten schnell geschickte Überfall-Techniken und konnten mit ihrer Ortskenntnis und den oft kleineren und wendigeren Booten fremden Piraten das Leben schwer machen.
Für Formenteras Belagerer begannen ungemütliche Zeiten. Die Plünderer mussten nun fürchten selbst geplündert zu werden, und sie konnten sich in ihren Schlupfwinkeln nicht mehr allzu sicher fühlen. Die Korsaren waren gefürchtet und berühmt-berüchtigt ...
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts konnte Formentera wieder besiedelt werden.
Ein grosser Teil der freiwilligen Siedler stammte aus der Gegend von Santa Eulalia. Der Name Jaume war in dieser Gemeinde weit verbreitet. Und so war die Invasion der Jaumes auf Formentera tiefgreifend. Es gab Siedler, die den Jaume als Vor- und Nachnamen nutzten, wie z.B. Jaume Joan de Jaume.
Sicher hätten Formenteras Bewohner auch ihre Festungskirche 1726 mit diesem Namen belegt ("auch der damalige Priester hiess Jaume", wird erzählt), hätten die Jesuiten nicht ihren weitreichenden Einfluss geltend gemacht. So wurde ein frisch gekürter Heiliger aus ihren eigenen Reihen Schutzpatron der Festungskirche: der Star-Missionar der Asien-Kolonisierung, Francisco Javier.
Es verwundert nicht, dass der etwas aufgedrängte Schutzparton Francisco Javier sich geringerer Beliebtheit erfreute, als der, dessen Name in aller Munde war und der nebenbei auch noch als Schutzheiliger ganz Spaniens fungiert.
Der 25. Juli fällt 1999 auf einen Sonntag. In Anbetracht der Feierfreudigkeit der pitiusischen Einwohner wird das Fest sicher schon vorher beginnen und ein Wochenendausflug hat in diesem Zeitraum speziellen Reiz. Und immer dran denken, pack die Badehose ein ...
© Dieser liebevolle Text ist in der IbizaHeute Juli-Ausgabe von 1999 (!!!) erschienen ...
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